Den Erfolg messbar machen
15.8.2023
Eine gute Marke lebt von Gefühlen und Stimmungen – und die lassen sich abfragen! Im Autohandel ist es leicht, den Erfolg des Verkaufsteams zu messen: Soundso viele Wagen wurden im letzten Quartal an den Mann oder die Frau gebracht – das sind x-mal mehr als im Quartal davor. Das Umsatzziel wurde damit in erfreulich deutlicher Weise übertroffen. So oder ähnlich kann Erfolg klingen. Im Performance Marketing stehen Google und andere Anbieter mit entsprechenden Benutzeroberflächen bereit, die Einblicke über die Zahlen geben: Was und wen hat man erreicht? Jedoch geben Zahlen nicht unbedingt die voll umfängliche Wahrheit über eine Marke wieder, sondern meist nur einen Teil davon.
Marke ist Emotion
Denn wie wir alle wissen: Marke ist Emotion. Und Gefühle sind nur schwer in Zahlen, Daten, Fakten zu übersetzen. Die Frage lautet also: Gibt es alternative Möglichkeiten, um den Erfolg einer Design- bzw. Markenentwicklung zu messen? Wie will man feststellen, ob Blau besser funktioniert als Rot? Woher sollen wir wissen, ob die Änderung der Schrift (und die damit verbundene Schrift-Lizenz für mehrere tausend Euro) sich auch gelohnt hat? Wieso müssen wir das Logo eigentlich verändern? Hat es nicht bislang optimal funktioniert? Und wenn wir es doch verändert haben – hat die Farbanpassung tatsächlich ein besseres Umsatzergebnis gebracht?
Qualitative Interviews
Diese und ähnliche Fragen werden immer wieder an uns herangetragen. Besonders von Marketing-Abteilungen, die der übergeordneten Abteilung oder gar der Geschäftsführung berichten müssen. Und hier können wir regelmäßig weiterhelfen. Aus meiner Erfahrung heraus empfehle ich immer verschiedene Methoden, um den Erfolg einer Marke messbar zu machen. Eine besonders einfache, aber sehr effektive Maßnahme ist, qualitative Interviews durchzuführen. Beispielsweise können wir innerhalb der Belegschaft Fragen stellen, wie man die eigene Marke bewertet. Zum Beispiel kann man mittels eines Polaritäten-Profils zu Anfang recht niederschwellig fragen: „Wie modern findest du die Marke?“. Zur Wahl stehen fünf Antworten: progressiv, modern, zeitlos, in die Jahre gekommen, altmodisch. So erhalten wir auf jeden Fall ein Feedback zur gefühlten, aber natürlich nicht fachlichen Wahrheit auf Basis der inneren Wahrnehmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Abfrage-Procedere hilft Markenverantwortlichen
Wir können zudem Emotionen und Stimmungen in gewisser Weise abfragen. Auch hierzu einige Beispiele: Wird die verwendete Schrift eher technisch oder menschlich wahrgenommen? Kommt die Farbe eher warm oder kalt „rüber“? Ist die Schrift gut lesbar? Oder sollte lieber eine andere, die zur Auswahl steht, genutzt werden? Auch wenn wir oft als Markenexpertinnen und -experten, als Designerinnen und Designer die Antworten aufgrund unserer Erfahrung bereits erahnen können oder sogar kennen, hilft das beschriebene Procedere den Markenverantwortlichen auf Kundenseite weiter. Vor allem dann, wenn wir Design-Entwicklungen und -Konzepte vorschlagen, die besonders progressiv sind, daher andersartig gegenüber dem Wettbewerb anmuten und so zunächst fremd wirken. In iterativen Schleifen nähert man sich so einem verdichteten Informationscluster zur eigenen Marke an.
„Gerade in der Kennenlern-Phase ist es wichtig, vorab vom Kunden gesetzte Dinge zu hinterfragen und den Kunden und seine Zielgruppe(n) in der Tiefe kennenzulernen. Auch hier gilt es ein Gefühl für das Projekt und die Thematik zu bekommen und immer wieder Feedback einzuholen und Fragen zu stellen. So bleibt man auf der gleichen Spur und erreicht gemeinsam das zuvor gesteckte Ziel.“Katja Kleefeld, Senior Designer bei arndtteunissen
Visuelle Metapher
Auch beim Corporate Design lässt sich mittels qualitativer Interviews heraushören, ob zum Beispiel Kunden oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein bestimmtes Empfinden ausdrücken können, welches die Marke auch transportieren soll. Im besten Fall werden der Marke ähnliche Attribute zugeschrieben, die wir im Vorfeld in der Markenarbeit definiert haben. Denn das Design ist nun einmal nichts anderes als eine visuelle Metapher für die vorher definierten Markenwerte oder die inhaltliche Ausrichtung der Marke.
War for Talents
Ein eindeutiger Indikator für den Erfolg einer Marke liegt im Mitarbeiter-Marketing. Heute sprechen wir von „War for Talents“. Bekanntlich können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer längst aussuchen, wo sie einen Job ausüben wollen. Umso wichtiger ist es, ein Unternehmen (und eine Marke) zu sein bzw. zu werden, bei der man gerne tätig sein möchte. Die HR-Abteilung wird relativ schnell herausfinden, dass sie qualifiziertere und bessere Bewerbungen erhält, wenn der Fit ihrer Marke stimmt. Hier macht sich gute Marken-Arbeit monetär sofort bemerkbar: Initiativ-Bewerbungen nehmen in der Regel zu und die Kosten für aufwändige Bewerbungsprozesse und Headhunter nehmen ab. Dies haben wir in den vergangenen fünf Jahren bei unseren Kunden nachvollziehen können.
Interviews regelmäßig durchführen
Dies sind ein paar wenige Beispiele dafür, wie man den Erfolg einer Marke messbar machen kann. Es gibt tatsächlich sehr viele verschiedene Werkzeuge, die man entsprechend der Fragestellung anwenden kann, um den Markenwert zu messen. Es empfiehlt sich, solche Befragungen und Interviews regelmäßig durchzuführen. Manche unserer Auftraggeber machen dies alle zwei Jahre. Die gewonnenen Einblicke sind immer sehr hilfreich und stärken die Arbeit eines guten internen Teams und die Zusammenarbeit mit der Agentur.
Gemeinsam weiterentwickeln
Nachvollziehbar gute Markenarbeit führt in Unternehmen auch dazu, dass man sich nicht ständig wieder mit neuen Dienstleistern beschäftigen muss. Die allgemeine Anforderung des Einkaufs, dass man „mal wieder die kreative Agentur-Arbeit ausschreiben muss“, kann sich damit womöglich erübrigen: „Never touch a running system“. Denn auch eine gute Agentur und eine gute Marketingabteilung entwickeln sich gemeinsam weiter und arbeiten im Bestfall ständig am positiven Erscheinungsbild der Marke. Und durch die regelmäßige Überprüfung kann man sehen, ob man weiterhin auf dem richtigen Weg ist.
Benjamin Arndt